Samstag, 6. Februar 2016

nicht aufzuhalten

Stundenlang brauchst du mich nicht...nicht direkt an deiner Seite. Du wuselst in der Wohnung rum, suchst dir Ecken, Hölen und Verstecke und führst intensive Gespräche mit den Räubern, Prinzen und Königinnen deiner Fantasie. Vor drei Monaten wolltest du auf gar keinen Fall auf die Windel verzichten. Heute bekomme ich nicht mehr mit, wenn du aufs Klo gehst. Es ist nicht aufzuhalten.
Höher, schneller, weiter scheint dein Motto bei jeder deiner Argumentationen. Du bleibst dran, wenn es um deine Ziele geht. Noch lebst du im Jetzt, machst Versprechen und Pläne für morgen, doch nur wenn es den Sinn im Jetzt erfüllt. Du suchst dir Ruhe, kuschelst dich ein in Decken, Tücher, Schals und Handtücher. Warum auch immer, hast du dabei meistens nackte Füße. Es ist nicht aufzuhalten.
Ich nehme mir ein Vorbild an deiner Fähigkeit über Gefühle zu sprechen. Wo mir der Hals geschlossen bleibt, erklärst du, nach Augenkontakt suchend, was in dir vorging, gerdae vorgeht oder wahrscheinlich vorgehen wird. Wo hast du all die Wörter her, die so präzise und doch naiv verdeutlichen, wie du dich fühlst?  Du liest meine Mimik und Stimme, ohne dich zu täuschen. Unbemerkt stehst du zwischen uns ganz still. Verkriechen möchte ich mich, wenn du dann abends mir flüsterst, wie sehr es in deinem Herz wehtut, wenn wir streiten.
Du fühlst so viel und verstehst immer mehr. Es ist nicht aufzuhalten.
Und wenn ich wie gerade voller Sehnsucht an deine ersten Tage bei uns denke, kommst du gerannt und küsst mich einfach so. Ich will ja gar nichts aufhalten. Nicht für immer. Nur für kurz...

Mittwoch, 30. September 2015

Rehlein 3 Jahre

Ein paar Wochen zu spät, schaffe ich es dann doch den Geburtstagspost zu schreiben...mein liebes Kind.
Das erste Mal hast du so richtig verstanden, dass du Geburtstag hast. Du warst schon lange vorher aufgeregt und wir haben die Tage gezählt bis es endlich soweit ist. Bis kurz vorher hatten wir keine Ahnung, was wir dir schenken sollen, denn so wie alle Kinder im Wohlstand hast du alles was du brauchst.
Du bist 106 cm groß und wiegst 15 Kilo und hast einen unglaublich großen Schritt gemacht! Was die Sprache angeht, lässt deine Entwicklung keine Wünsche offen. Du sprichst deutlich und sehr gerne, erzählst von deinen Erlebnissen, Wünschen und Träumen und hast ein Mega Elefantengedächnis. Du erinnerst uns, wenn wir Dinge vergessen und wickelst uns mit deinem Charm um den Finger. Dabei benutzt du clever verschiedenen Redensarten und verhandelst gekonnt mit uns. Kompromisse kannst du eingehen. Wenn du doch mal sauer bist, dauert es meistens nicht lange, bis du einen Lösungsweg gefunden hast, w aber auch sehr von deiner Tagesform abhängt. Nach dem Kindergarten muss der Stress ja auch irgendwo hin und zuhause bei Mama und Papa gehts halt am Besten. Du kämpfst für deinen Willen, bis dabei äußerst kreativ und nicht selten habe ich Mühe nicht zu lachen, wenn du mit eisenfester Miene und erhobenen Zeigefinger mir mit schief gelegtem Kopf einen Vorschlag machst, der nur für dich alleine Vorteile bringt. Du erfindets neue Wörter und singst dir selber aus dem Liederbuch vor. Du räumst mitlerweile alleine auf, haste natürlich keine Lust drauf - alles andere wäre ja auch ungewöhnlich. Motorisch hast du aufgeholt. Springen, rennen, klettern, Laufrad und schaukeln. Alles alleine und sicher. Jetzt kommt der Roller dran, den du dir so sehr zum Geburtstag gewünschst hast. Zahlen und Wörter sind für dich sehr interessant und so zählst du ziemlich sicher bis 10. Du erkennst deinen Namen und weißt, dass er mit dem "hoch, runter, hoch, runter - Buchstaben" beginnt. Wenn du einmal schläfst, was selten länger als 5 min dauert, bist du bis morgens tiefenentspannt. Hier hälst du dich strickt an die Regel unter der Woche geweckt werden zu müssen und am Wochenende zwei Stunden eher aufzuwachen. Einen Tag nach deinem Geburtstag bist du morgens das erste Mal alleine in deinem Zimmer geblieben und ich konnte mich nochmal hinlegen. Das lag vermutlich an dem Traumzelt, welches du bekommen hast. Es war so zucker, wie du über das Babyphone zu hören warst. Ich habe mich im letzten Jahr daran gewöhnt, dass du dich auch wunderbar ohne mich entwickelst, dass du eigenständige Entscheidungen triffst und durchaus auch mal nicht mit mir spielen möchtest. Viele Dinge möchtest du ganz alleine tun, wie Brot schmieren, einschütten, an und ausziehen. Selbstbewusst sagst du, dass du noch zu faul fürs Klo bist und daher lieber eine Windel trägst. Regelmäßig probierst du es auf dem Kinderklositz und hattest schon ein paar mal Erfolg. Wir drängen dich nicht und vetrauen dir, dass du schon den richtigen Moment für dich findest.
Fremden gegenüber bist du nach wie vor schüchtern. Haben sie ein gutes Händchen, beginnst du zügig ein Gespräch. Fordern sie wehement eine Hand oder Augenkontakt, lässt du sie kalt abblitzen, was wir super finden! Deine beiden besten Kindergartenfreundinnen sind sehr wichtig. Sie kommen in fast jeder deiner spannenden Geschichten vor. Vater - Mutter - Kind und Feuerwehrfrau spielst du im Monet sehr gerne. Sonst werden Puppen und du selber verarztet oder du kaufst für mich im Laden ein. Du baust Buden und Schlösser, malst, schneidest und klebst. Dabei lasse ich dich größten Teils alleine wuseln. Es gibt natürlich noch unzählige Dinge, die dich ausmachen. Ich muss einfach aufhören, nichts vergessen zu wollen! Einen so kleinen Menschen kann man nur kennen, wenn man ihn erlebt. Bis jetzt hast du alle um dich herum verzaubert. Seit dem Urlaub mit der Freundin, möchtest du besonders gerne ein Brüderchen - weil die so einen netten Bruder hat. Ich habe, genau wie der Platzhirsch, gerade eine neue Stelle begonne, die irre viel Spaß macht, daher müssen und wollen wir diesen Herzenwunsch noch nicht erfüllen. Es ist gerade alles so erschreckend unstressig mit dir, dass wir alle diese Phase genießen möchten. Die beiden weltbesten Omis unterstützen tatkräftig bei der Betreuung UND ich habe diese Woche mit meiner Stundenreduzierung begonnen. 2 Nachmittage, an denen ich dich selber in der Kita abholen kann und die ich mir nicht mit irgendwelchen festen Termin zuballern werde. Zur Musikschule gehst du 1x wöchentlich mit der Oma und nach der zweiten Stunde darf sie nun draußen warten.

Heute sind wir zuhause, weil das Rehlein gestern Fieber hatte. Ich gehe mit gutem Vorbild voran und ermutige alle Eltern ihr Recht auf Krankheitstage des Kindes zu nehmen. Kita hätte heute keinen Sinn gemacht, denn das Rehlein weint bei jeder Kleinigkeit, will ununterbrochen meine Aufmerksamkeit und versucht sein Unwohlsein zu definieren: "mein Bauch tut weh...ach nee die Füße...Mami, mein Kopf.."Ich habe Inflodoron als Globoli schon gestern gegeben und denke das genügt erst einmal.
Also bringe ich die Bude auf Vordermann (mit unzähligen Unterbrechungen) und sitze einfach mit meinem Kind auf dem Boden, wo sich Spielzeug in Bergen ansammelt.
Ich habe wie immer ein schlechtes Gewissen dem Job gegenüber, doch es verflüchtigt sich, wenn ich das Rehlein in den Arm nehmen kann...eben jetzt, wenn es mich braucht!











Samstag, 21. März 2015

Die passenden Worte

Ich habe vor kurzem ein Seminar für Tageseltern gegeben. Dabei sind wir auf das Thema "Beißen" gekommen. Wir haben darüber gesprochen, wie man im Allgemeinen mit Aggressionen umgeht.
Später abends habe ich darüber nachgedacht und festgestellt, dass das Rehlein bis jetzt noch nie etwas wie Strafe erlebt hat. Wir konnten es immer anders lösen. Im schlimmsten Falle, hat das Rehlein erlebt, dass wir nicht jeden seiner Wünsche erfüllen, dass wir nicht alles wollen, was es will.Ok, das Rehlein beißt auch keine anderen Kinder, haut und schubst nicht...zumindestens konnte es seine Konflikte bis jetzt anders lösen.Wenn das eigene Kind betroffen ist, reagiert man eh emotional. Ich kann nur von meiner Arbeit berichten und da fühle ich natürlich auch sehr mit. Ich fühle die Schmerzen, wenn sich ein Kind das Knie aufschlägt, weil es geschubst wurde, ich bin auch mal wütend, wenn ein Kind bewusst ein anderes verletzt. Doch ich reagiere kontrolliert und jede meiner Handlungen und Worte geschehen bewusst. Marte Meo spielt in meinem Leben eine große Rolle und besonders in solchen Konfliktsituationen gibt mir diese Methode den nötigen roten Faden. Nehmen wir mal an der Paul haut der Lisa mit der Schüppe auf den Kopf. Ich beachte Lisa als Erstes. Damit schließe ich aus, dass Paul durch sein Verhalten Aufmerksamkeit bekommt. Ich mache einen Anschluss an Lisas Gefühl :" Oh je, das tut dir weh, jetzt weinst du! Du weinst, weil Paul die die Schüppe auf den Kopf gehauen hat." Dann hole ich Paul dazu. Ich gebe ihm die Möglichkeit sein Verhalten zu reflektieren. "Paul, schau die Lisa weint. Du hast sie mit der Schüppe gehauen, weil sie deinen Eimer wollte. Du kannst sagen, nein Lisa! Was können wir tun, um Lisa zu trösten?" Es ist toll, wenn Paul dann von alleine eine Idee hat (pusten, Taschentuch holen etc) falls nicht, helfe ich und schlage was vor. So kann auch er mit einem guten Gefühl aus der Sache raus und Lisa erfährt den nötigen Trost.
Ich kann schon verstehen, wenn Mütter, Väter und auch Pädagogen Kinder auf die Bank setzen, weil sie selber nicht weiter wissen. Es ist das Gefühl von Ohnmacht, dass uns solche Maßnahmen ergreifen lässt. Es bringt nur Nichts. Ich habe noch kein Kind erlebt, welches durchs Wegsetzen sein Verhalten ändert. Es fehlt dann an den wichtigen Informationen über die Gefühle des anderen. Am Ende bleibt das Gefühl "ich kriege es nicht hin, ich haue andere, ich genüge nicht aus, um hier mit anderen Spaß zu haben". Solche Kinder entwickeln schnell ein miserables Selbstbewusstsein. Keine gute Voraussetzung für eine gesunde Entwicklung! Durch Marte Meo aber geht das Kind mit der Info aus der Situation, dass es helfen und trösten kann, dass man sich verzeihen kann.Und es lernt, welche Gefühle beim anderen durch sein Verhalten entstehen. So kann Paul beim nächsten mal sein Verhalten besser reflektieren.
Einige von euch finden dies unnatürlich. Es kommt euch vielleicht gestellt und unrealistisch vor.
Ich kann nur sagen, dass es dir den A.... rettet, wenn du mit mehreren Kindern alleine bist. Es rettet dich, wenn ein fremdes Kind dein eigenes haut, denn die anderen Eltern sehen, dass du kompetent damit umgehst und fühlen sich nicht als schlechte Mutter oder Vater (was sonst zwangsläufig geschieht, wenn keiner so richtig weiß, wie er mit der Situation umgehen soll. "Sowas macht man nicht etc", peinliches Schweigen, man geht sich aus dem Weg, schämt sich für sein Kind). Man hat nicht immer die nötige Zeit dies so kleinschrittig zu besprechen (obwohl sowas in der Regel nur ca 5 min dauert). Mal lässt der Entwicklungsstand des Kindes so ein Gespräch gar nicht zu. Und wenn es zum dritten Mal kurz hintereinander passiert, muss ich mit Paul besprechen, dass er etwas Anderes spielen soll oder rein gehen muss, weil er es im Moment nicht schafft ohne hauen.
Und doch geschieht dies alles mit Respekt. Wenn eines eurer Kinder also demnächst ein Anderes verletzt, kümmert euch erst um das "Opfer" und benennt die Gefühle beider Kinder. Glaubt mir, ihr fühlt euch danach tausendmal besser, als wenn ihr rumschreit und Strafen verhängt. Ich habe keine Angst vor Konflikten. Ich fand das Kind aus der Spielgruppe, welches es auf mein Rehlein abgesehen hatte zwar ziemlich blöd, aber der Gedanke, dass es anscheinend noch keine geeigneten Modelle entwickelt hatte, lies mich Mitleid und keinen Hass empfinden. Und vor allem tat mir die Mama leid, die voller Panik ihr Kind beobachtete und einfach nicht wusste, was sie tun soll. Ich habe ihr damals keine Hilfe angeboten, weil ich mich nicht aufdrängen wollte und weil ich dachte, sie fände das unverschämt. Doch heute mache ich es und finde auch meistens die passenden Worte.

Sonntag, 22. Februar 2015

Die Sache mit dem lieben Gott

Als unsere Oma vor ein paar Wochen starb, war hier alles etwas anders. Wir Großen waren sehr traurig und obwohl wir vorwiegend abends, wenn das Rehlein im Bett war, weinten, kullerten auch in ihrem Beisein Tränen. Es ist nicht schlimm, wenn Kinder ihre Eltern weinen sehen. Das ist weitaus weniger verstörend, als wenn die Erwachsenen ins Bad verschwinden und auf die Frage :"Mama, Papa, was ist denn?" mit "Nix, alles ist gut!" antworten. Damit signalisiert man dem Kind nur, dass man seine Gefühle nicht zeigen und besser damit allein sein sollte. Auch Kinder, die noch nicht sprechen können, fühlen, wenn es den Eltern nicht so gut geht. So sah mich auch das Rehlein mit gerunzelter Stirn an, als ich etwas weinen musste. Der Platzhirsch hatte gerade ein paar Dinge von der Oma aus der Wohnung mitgebracht und die ganze Tasche roch nach ihr. Ich konnte den Kinderblick quasi auf meinem Rücken spüren (ich hatte mich dann doch weggedreht). Daraufhin gab es folgendes Gespräch:
Rehlein: Mama, was hast du?
Ich: ich bin ein bisschen traurig, weil die Oma M. gestorben ist.
R: Wo ist die jetzt?
I: ich glaube im Himmel
R: Was macht die da?
I: sie schaut auf uns runter und passt auf uns auf
R: Dann kommt die wieder!
I: ( Ich überlege, wie ich das jetzt einer 2 1/2 jährigen erkläre) Weißt du, wenn jemand tot ist, kann man denjenigen nicht mehr sehen.
R: Wir fahren da bald hin und essen Pommes
I: Wir können die Oma M. nicht mehr treffen Schatz. Aber wir können Pommes essen fahren und ganz doll an sie denken
R: Ich will auch Pommes!
So oder so ähnlich lief es und dann kam eine ganze Zeit nichts mehr vom Rehlein. Der Alltag hat uns langsam
wieder. Das Rehlein geht in einen katholischen Kindergarten und wir besuchen hin und wieder den Kleinkindergottesdienst. Wir beten abends ein kurzes Gebet, indem ich danke sage für all die schönen Dinge in unserem Leben. Im Anschluss erzählt das Rehlein dann noch etwas. Lange Zeit wollte es gar nicht oder das Erzähle hatte mit anderen Dingen zutun, doch gestern abend wurde es dann konkret. Beim Abendessen streichelte es über seinen Bauch und sagte :
R: Mama, weißt du, der liebe Gott ist in meinem Bauch.
I: Ach echt? was macht der denn da drin
R: Es geht mir gut in meinem Bauch, dann fühl ich den!

Weil man das, was "Gott" oder "Glauben" ist, nicht sehen und auch nicht anfassen kann, habe ich dem Rehlein versucht zu erklären, dass man ganz viel fühlen kann. Und wenn es mir gut geht und ich ein gutes Gefühl im Bauch habe, kann ich den "lieben Gott" spüren. Lustig, dass ich dann kurze Zeit später das Buch "Gott ist wie Himbeereis" gefunden habe. Es beschreibt sehr schön, wie sich Kinder im Kindergartenalter mit der Frage auseinandersetzen könnn.
Ich möchte erwähnen, dass ich die Bezeichnung "lieber" Gott schon ein bischen ungünstig finde. Das mit dem "lieb" führt oft zu einer meiner Lieblingsdiskussionen mit anderen Eltern. Was heißt denn bitte "lieb"? "Sei schön lieb, warst du denn auch lieb" etc. Im grunde vermitteln wir den Kindern dadurch die Info: "sei schön angepasst, mach das, was andere von dir wollen". Lieb ist soooo ein großer Begriff für Kinder, wenig konkret und nicht fassbar. Egal, das Rehlein wird den "lieben Gott" schon überstehen. Bei mir hieß er eben so und jetzt heißt er bei uns auch so. Zu dem Thema " Glaubensätze" will ich eh bald mal schreiben.
Ich war mir allerding schon immer sicher, dass es für Kinder von unschätzbarem großem Wert ist, wenn sie sich immer und überall geborgen fühlen! Etwas, was wir Erwachsene übrigens genauso brauchen - dieses Gefühl, ein "Gottvertrauen". Ob man dabei an Gott im Sinne der Kirche, an eine höhere Energie oder was anderes glaubt ist völlig egal.
Kinder haben ein Recht auf Wunder, ein Recht aufs Philosophieren! Gemeinsam mit uns überlegen, nachdenken und forschen.
Wenn meine Tochter einen toten Marienkäfer findet, ihn liebevoll in den nächsten Bluementopf legt und sich vorstellt wie er jetzt im Marienkäferhimmel rumfliegt, hat sie auf ihre Weise eine Antwort gefunden. Wir haben nie gesagt, wie der "Himmel" aussieht, was da genau geschieht. Ich muss mir nichts ausdenken, um ihr dies zu erklären. Falls sie das mal fragt, werde ich ähnlich antworten, wie ich dies bei den Kindern im Job tue. Da kommt schon mal die Frage auf, ob es den Weihnachtsmann oder den Osterhasen gibt.
Und dann sage ich: "Hmmm, ich muss mal überlegen...was meinst denn du"?
Und schon überlegen wir gemeinsam, ohne dass es Vorgaben und Wissensübermittlungen gibt.
Lasst den Kindern ihre eigenen Wunder - auch losgelöst von Religion!



Dienstag, 16. Dezember 2014

Mein moralischer Teil

Es ist eine gefühlte Ewigkeit her, seitdem ich hier etwas geschreiben habe. Woran das lag? Keine Ahnung. Lese ich doch täglich von den vollberufstätigen Müttern, die neben Kindern, Haushalt, Job und sinnvoll - präsentier-geeigneten Tätigkeiten, wie Sport und DIY Kram es schaffen, regelmäßig zu bloggen. Ich mache keinen Sport und meine Nähmaschine wurde auch schon ein paar Tage nicht bewegt. Dennoch fühlte es sich in den vergangenen Tagen und Wochen so an, als würden die 24 Stunden nicht reichen. Jetzt habe ich Urlaub und siehe da, mein Rehlein sorgt dafür, dass ich nicht in den üblichen Putzwahn verfalle. Nachdem ich gestern den ganzen Tag mit Halsschmerzen im Bett verbrachte, war ich heute morgen schlagartig fit, als mich ein kleiner Quasimodo aus dem Kinderbett anschielte. Supi, Binderhautentzündung, hatten wir noch nicht. Da hat sich die Natur was Feines ausgedacht! Die eigenen Befindlichekeiten rücken in den Hintergrund und lösen sich auf. Zumindestens so lange, bis man wieder Luft holen kann. Aber mal ehrlich, so eine Binderhautentzündung ist zwar blöd, stört aber nicht beim Spielen und Rumrennen. Nur leider bedeutet das 2 Tage Kitaverbot und ich hatte mir so viel vorgrnommen. Allerdings bekomme ich dafür viele schöne Stunden mit dem Rehlein geschenkt. Selbst gedichtete Kinder und Weihnachtslieder tönen den ganzen Tag durch die Wohnung, ich übe mich im "Chaosertragen" und bin dankbar dafür, dass sich das Rehlein so wenigstens nicht die nächste Krankheit aus dem Kindergarten abholt *klopf, klopf*.
Das Thema Krankheiten hat mich seit dem Kruppanfall lange beschäftigt. Emotional meine ich. Dadurch, dass ich nicht arbeiten konnte, hatte ich zuhause ein schlechtes Gewissen. War ich in der Firma, dachte ich an das hustende Rehlein und wieder kratzte die Moral in meinem Kopf. Das war sehr anstrengend. Und so habe ich für das neue Jahr auch nur einen einzigen Vorsatz: Ich werde mir meinen moralischen Richter, der in meinem Kopf für das schlechte Gewissen sorgt, umerziehen! Ich kann nicht allen Rollen gleichzeitig gerecht werden und das will ich auch gar nicht. Naja, ein Teil von mir möchte das schon. Doch ich habe erkannt, dass dieser moralische Teil mein Verhalten beeinflusst. So backte ich bei völliger Erschöpfung am Nikolausabend noch drei verschiedene Plätzchensorten, weil ich den Nachbarn alle Jahre wieder einen Teller bunter Vielfalt hingestellen wollte. Ich putze ständig die Fenster, weil es mich stört, wenn ich die getrockneten Regentropfen darauf sehe und schäme mich innerlich, wenn der Rasen nicht gemäht ist. Mit anderen Worten, ich habe einen Hang zum Perfektionismus und einen nervigen Moralapostel im Kopf. Nicht, dass mich das früher so gestört hätte. Da konnte ich es aber noch voll ausleben. Jetzt mit dem Job bleibt nicht mehr viel Zeit dafür. Ich möchte viel lieber auf dem Sofa mit meinem Kind kuscheln und Budenbauen, anstatt schon wieder an den Staubsauger zu denken. Glücklicherweise trägt das Rehlein ja nicht nur meine, sondern auch die Gene vom Platzhirsch in sich. Und so bleibt die Hoffnung, dass unsere Tochter sich nicht zum Perfektionisten entwickelt. Ich gebe mein Bestes ein gutes Vorbild zu sein und stelle mit Blick ins Wohnzimmer fest, dass ich auf einem guten Weg bin!

Dienstag, 23. September 2014

"Der Papa macht das!"

Liebe Leute, wir befinden uns in einer spannenden Phase. Das Rehlein löst sich von mir, erkundet tapfer seinen neuen Lebensraum Kita und genießt offensichtlich die Gegenwart der Kinder dort; auch weil es dort nicht nonstop unter Beobachtung steht. Zudem beginnen sekundäre Bezugspersonen, wie die beiden Omis an Bedeutung zu gewinnen. Die Trotzphase, oder wie ich sie lieber nenne, Selbstständigkeitsphase hat ihren Höhepunkt erreicht. Stellt euch folgende Situation vor. Ich bastel mit dem Rehlein gemütlich. Es klebt, malt und fummelt mit allmögliche Materialien herum. Ich sitze dabei, benenne nur ( sieh auch Marte Meo: http://frauchenfrieda.blogspot.de/2013/11/marte-meo-entschlusselt-die-botschaft.html) und alles ist gaaanz entspannt. Plötzlich hebt sich der Blick des Rehleins, es sperrt die Augen auf und kreischt energisch : " Ich mach das!" Ich bleibe cool. Toll, wenn sie Aufgaben alleine bewältigen möchte. Gut, wenn sie sich diesbezüglich ausdrücken kann. Machmal schwierig wird es, wenn mein Kind von seinem Gefühl der Ambivalenz überwältigt wird und nicht mit und nicht ohne die Mama durch eine Situation kann. Doch auch dies entspricht der normalen Entwicklung. Trotzdem bin ich hin und wieder überrascht, wie extrem sich das Rehlein um seine Selbstständigkeit bemüht. Nun gut. Jetzt haben wir ja die Trennung von mir im Kindergarten mehr als erfolgreich gemeistert. Großes Lob an dieser Stelle an die Traumerzieherinnen! Und somit hat mein Kind den ersten Schritt gemacht und muss sich ja auch für seine weitere Entwicklung immer mehr von unserer symbiotischen Beziehung lösen. Es erlebt, dass es auch ohne mich überleben kann, dass ich nicht vollkommen bin. Und hier kommt der Papa ins Spiel. Als wichtige Bezugsperson hatte er immer schon eine wichtige Stellung. Nun aber braucht das Rehlein ihn, um sich weiter von mir lösen zu können. Quasi wie einen Lotzen, der die Welt ohne Mama erfahrbar macht. Ich möchte Müttern, die das auch durchmachen beruhigen und werdene Mütter darauf vorbereiten. Mädels, macht euch nicht verrückt!Mein Rehlein lenht mich in bestimmten Situationen total ab. Schon wärend des Abendessens macht sie klar, dass der Papa gleich Zähneputzen, Umziehen und Vorlesen gestaltet. Manchmal darf ich sogar nicht gucken, wenn die zwei beschäftigt sind. "Der Papa macht das!" Wichtig ist hierbei, dass der Papa, ebenso wie die Mama nicht enttäuscht, wütend oder ähnliches reagiert. Damit würden wir dem Rehlein die Verantwortung für unsere Gefühle geben. z.B. "jetzt bin ich aber ein bischen traurig, dass du nicht zu mir möchtest.." Wir bleiben gelassen und akzeptieren das. Ich, die zweifelsohne beim Lesen gerne kuscheln würde, um die eigene Sehnsucht zu befriedigen und auch der Platzhirsch, der sich nach getaner Arbeit ein bischen Untersützung bei den Abendritualen wünscht. Ich bin deswegen ja nicht weniger wichtig. Im Gegenteil! Erlebt mein Kind die Akzeptanz seiner Gefühle durch mich, leiste ich einen wichtigen Beitrag zu seiner Entwicklung im Bereich Emotionswissen. Es lernt, dass es seinen Gefühlen vertrauen kann, dass es Gefühle aussprechen und ausleben darf. Natürlich geht das mit dem "der Papa macht das" nicht immer. Dann mache ich es und wir beide zeigen uns einig.
Wir sind gespannt, was sich das Rehlein noch alles einfallen lässt, um unsere Elternkompetenz zu prüfen.
Habt oder hattet ihr auch "Nur der Papa - Phasen"? Her damit, denn geteiltes Leid..ihr wisst schon.

Samstag, 13. September 2014

Erstes "echtes" Wochenende

Die erste Arbeitswoche liegt hinter mir. Tatsächlich ist es so, als wäre ich nie fort gewesen. Es gab einige gesetzliche und konzeptionelle Änderungen, doch der Alltag mit Kolleginnen, Eltern und Kinder  fühlt sich vertraut an. Es gab am ersten Freitag Pflaumenkuchen mit Sahne zum Einstand, womit ich allen eine Freude und den perfekten Einstieg fürs erste "echte" Wochenende gemacht habe.
Ja, ich habe wirklich Spaß! Ich komme morgens gut aus den Federn und auch sonst das Gefühl, alles  zu schaffen. Doch es gibt auch eine Kehrseite. Spätestens gegen 14:00 Uhr werden die Abstände, an denen ich an mein Rehlein denken muss, kürzer.  Wenn jemand weint, jammert oder wütend ist und ich dies vom Büro aus höre, legt sich der Mamaschalter um. Was ist da wohl los? Fühlt sich das Kind nicht wohl? Ist es überfordert? Vermisst es seine Mama? Um es ganz deutlich zu sagen, meine Muttergefühle beherrschen mich kurzzeitig. Bei 60 Kindern kommt es eben vor, dass Gefühlausbrüche die Bürotüre erreichen und zwangsläufig frage ich mich dann, wie es meinem Kind gerade geht. Es ist kein beklemmendes oder unangenehmes Gefühl. Es reißt mich nur kurzzeitig aus meiner Konzentration. Und wenn ich dann auf der Autobahn bin, in Richtung Oma fahre, freue ich mich riesig auf einen festen Drücker! Der Nachmittag ist verständlicherweise kurz und ich achte darauf nicht noch mehr Termine reinzuquetschen. Das Rehlein schlägt sich gut, doch natürlich ist ein ganzer Tag Kindergarten für ein kleines Kind von zwei Jahren sehr anstrengend. Meistens fällt zuhause der Stress von ihr ab. Wie ein Vorhang oder manchmal auch wie ein dicker Brocken. Dann knatscht sie, ohne dass ich den Grund dafür immer gleich parat habe und ihre Kooperationsfähigkeit schrumpft auf das Nötigste. Bis jetzt kommen wir damit gut zurrecht. Ich lasse den Haushalt liegen und wir lesen ein Buch oder kuscheln. Irgendwann möchte sie eh ihre Ruhe und verschwindet im Kinderzimmer.
Dann beobachte ich sie heimlich am Türrahmen minutenlang und versuche zu begreifen, wie die Zeit uns so überholen konnte. Vielleicht liegt es an dieser Wehmut, dass sich das Abendessen ab jetzt immer öfter in ein "kindgerechtes Spaßgericht" verwandelt. Habe ich etwa ein schlechtes Gewissen?


Ich denke, ich muss mich einfach daran gewöhnen, mein Kind Stück für Stück loszulassen. Ein Prozess, der ab jetzt erst wieder endet, wenn wir das Rehlein glücklich verheiratet wissen. Wie heißt es doch so schön? Man wächst mit seinen Aufgaben...Jetzt sitze ich hier in meiner Samstagsmorgenmüdigkeit und lausche den musikalischen Künsten, die sich in der Frühe noch nicht allzu melodisch anhören. Aber hey! Ich hab sie ganz nahe bei mir, keine Termine und jede Menge Kaffee. Es handelt sich im Übrigen um den Sandmännchensong, der sich mit ganz viel Konzentration und grenzenloser Liebe für mein Rehlein sogar annähernd danach anhört ;-)