Samstag, 23. März 2013

Die Zeit davor

Wenn ich abends im Bett liege, gehe ich gedanklich noch einmal den Tag durch. Was hab ich geschafft? Was muss ich noch erledigen? Und was ist morgen angesagt? Da kommt mir eine Frage in den Sinn. Wie war denn eigentlich die Zeit davor? Vor der Geburt vom Rehlein. Ich denke natürlich als erstes an meinen Job, den ich ja auch ein wenig vermisse. Ich bin um 5:45 aufgestanden und war schon um 7:00 im Automeeting mit meiner Chefin. Mittags erschlagender Müdigkeitsanfall, der aber täglich gekonnt ignoriert wurde, da man in einer Instutition wie unserer, schlecht Powernapping betreiben kann. Kinder, Eltern, Träger, Kollegen alle möchten umsorgt und betreut sein. So powerte ich jeden Tag bis 16:00 durch, um dann erneut im Automeeting auch noch die Fahrt nachhause sinnvoll zu nutzen. Dort angekommen, war erst der Hunde und dann der Haushalt dran. Der Rehleinpapa und ich freuten uns auf einen gemütlichen Abend mit lecker Essen und einem spannenden Film. Heute bin ich weit davon entfernt um 5:45 entdgültig aufzustehen. Und die Mettings halte ich mit meiner Tochter im halbdunklen Kinderzimmer. Wenn ich gegen 7:00 von ihr geweckt werde, bin ich zwar müde, aber höchst motiviert! Unser Tag ist ebenfalls strukturiert, doch es lassen sich viele Pausen einlegen, von denen ich damals nicht gewagt hätte zu träumen. Ich gebe zu, es gibt Schöneres, als im Regen mit Hund und Kinderwagen über die Felder zu spazieren, sich viermal täglich umzuziehen, um Essen, verdaut oder gerade frisch zubereitet, nicht länger auf der Kleidung tragen zu müssen und wenn das Rehlein schlecht drauf ist, fehlt auch mal die Zeit um einfach nur stupide aus dem Fenster zu glotzen. Das habe ich früher an ganz schlimmen Tagn im Büro betrieben und es kann wunderbar sein, glaubt mir! Damals erwischte ich mich selber manchmal dabei, wie ich mich im Trubel zwischen all den Anforderungen nach dem eigentlichen Sinn gefragt habe. Also, wen oder was würde es stören, wenn du hier nicht mehr arbeitest, einfach morgen nicht mehr kommst? Als ich meiner Chefin dann eines Morgens zwischen Papierbergen und dauerklingelndem Telefon, von meiner Schwangerschaft erzählte, wusste ich, dass es wohl doch jemanden stören würde. Und dennoch, der Laden läuft auch ohne mich. Abgesehen von jetzt gerade, denke ich verhältnismäßig selten an die Vergangeheit, an Damals. Das Leben mit Kind läßt einem kaum die Möglichkeit. In der wunderschönen Gegenwart, in der ich täglich so unzählig viele Momente erlebe, die für mich und unsere Familie so wichtig sind, wäre es einfach verschwendete Zeit sich damit rumzuschlagen. Wir, der Rehleinpappa und ich, hatten über 10 Jahre, in denen wir alles erleben durften, was man so erleben muss. Wochenenden, an denen der Morgen niemals aufhörte, nächtelange Partys und aufregende Urlaube. Nur für zwei gedacht. Wie langweilig und unvollständig uns dies alles einmal vorkommen würde, wer hätte das gedacht!

Ich liebe meinen neuen Job und habe mich noch nie so sinngebend und wichtig empfunden. Und auch wenn etwas Sorge und Angst dazugehört, der wichtigste Mensch für ein hilfloses Wesen zu sein, so erfüllt es mich doch mit Freude und Zufriedenheit. Die Zeit davor, war wie ein schönes praktisches Zuhause, das man nie verlässt und dadurch auch nichts von der Welt sieht. Wer oder Was auch immer dafür verantwortlich ist, dass unser Weg so verlaufen ist, ich danke dir!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen